Finkenwerder Fischer im Zweiten Weltkrieg

03. Juni 2012, 15:00 Uhr Kapelle Alter Friedhof Fkw.. 16:00 Uhr im Gemeindehaus St. Nikolai, Fkw. Landscheideweg 157.
Finkenwerder Fischer: Minensuchen im Krieg und Heimkehr.
 

KRIEG GEGEN DIE SOWJETUNION / Finkenwerder Fischer im Kriegseinsatz

Seit März 1941 einberufen, wurden sie von Schilksee aus zum Minensuchen im Fehmarnbelt eingesetzt. „Als der Krieg gegen Russland im Juni 1941 ausbrach waren wir in Libau, gegenüber von Osel. Zwischen Land und Insel haben wir geankert mit 7 Schiffen in einer Kolonne. Die „Präsident Freiherr von Maltzahn„ war das Führungsschiff. Dann begannen die Kämpfe auf der Insel Ösel. Bereits nach einem Tag hatten sie die Russen besiegt und kamen mit den gefangenen Russen mit Prahme aufs Festland. Spater sah ich an einem Bahnhof, da wurde Hafer verladen, wie die Russen vor Hunger die einzelnen Haferkörner aufsammelten.
Danach haben wir unsere Schiffe in Ösel angebunden. Nun war da ja keine Gefahr mehr. Die Bevölkerung begrüßte uns freudig: Wir sind die Russen los. Denn die Russen hatten die Bevölkerung ausgeplündert und Sachen zerstört. Wir sahen zum Beispiel einen riesigen Haufen kaputter Fahrräder. Einer aus unserer Mannschaft hat die repariert, und so hatten wir Räder an Bord.“
„In Libau bekam das Schiff ein Aggregat und eine große Kabeltrommel an Deck. Das Kabel war 150m lang und wurde achteraus gefiert. Die Schiffe ankerten nachts vor der Küste und die Besatzung überwachte die Ostsee wegen möglicher russischer Schnellboote.
„In Libau waren auch die Leute mit dem Stern. Die mussten alle auf der Straße laufen und durften nicht auf den Bürgersteig gehen. Und am Strand sollten die Mariner, das wurde erzählt, sie alle abknallen. Aber die haben alle vorbeigeschossen, die konnten das nicht. Da haben sie dafür die SS geholt. Ich habe es nicht gesehen, aber es wurde erzählt. Und SS habe ich dort auch gesehen, erkennbar an den schwarzen Uniformen, sie haben die Gefangenen begleitet.“ -Aussage Hustedt.

1944 wurde Max von Kampen zu einem Lehrgang nach Kopenhagen geschickt. Es fehlte es der Kriegsmarine an erfahrenen Leuten für den U-Boot-Einsatz. Wegen gesundheitlicher Probleme war er allerdings nicht U-boot-tauglich und kehrte zurück auf sein Schiff. Dort bekam er einen Marschbefehl für sich, um ein Reserveteil aus der Maschinenfabrik in Bergedorf abzuholen. Auf dem Rückweg waren die Russen schon in Memel. Da wurde er als einzig vorhandener Nautiker eingesetzt, um eine Fähre mit gefangenen Russen nach Libau zu transportieren, bevor er wieder auf sein Schiff konnte.
 

Der Rückzug beginnt

Vom Generalstab in Libau kam der Marschbefehl nach Gotenhafen. Das Schiff war im Dock, das Wendegetriebe war kaputt. Die lettischen Werftarbeiter waren alle vor den nahenden Russen in die Wälder gelaufen. Es herrschte 20 Grad Frost, alles war vereist. Eine deutsche Werkstattkompanie überbrückte das Wendegetriebe und vier kleine Schlepper brachen das Eis auf. Die Russen schossen bereits in den Hafen hinein. Im Konvoi und mit Schlepperhilfe
verließ das Schiff im letzten Moment den langen Hafen. Unterwegs wurden die Schiffe von russischen Fliegern angegriffen, das Wasser war aufgewühlt, aber kein Schiff wurde getroffen. Gotenhafen war voller Flüchtlinge. „Heimlich nahmen wir welche an Bord, es war nicht erlaubt, aber man konnte das Leid nicht tatenlos mit ansehen.“ Als Schlepperhilfe Richtung Kiel fand er ein Frachtschiff aus Finkenwerder. Auf See bekam das Schiff Motorschaden. „Wir schleppten es jetzt zurück nach Gotenhafen. Nach 8 Tagen Reparatur sind wir im größeren Konvoi wieder ausgelaufen. Um diese Zeit geschah das Unglück mit dem großen Schiff (Gustloff). Wir kamen wohlbehalten in Kiel an. Ein Finkenwerder Kümo schleppte mich durch den Kanal. Von Brunsbüttel bin ich dann allein nach Bremerhaven geschippert“.
 

CHAOS und Kriegsende

Marschbefehl hin oder her, wegen der nahenden Engländer wollten die Bremerhavener mit dem Kriegsschiff nichts mehr zu tun haben. „Wir holten das Wendegetriebe aus Geestemünde und fuhren elbaufwarts nach Finkenwerder in die Eckmann-Werft. Jonny Eckmann sagte, die Engländer stehen vor Hamburg, alle Soldaten müssen Hamburg laut Führerbefehl verteidigen. „Ihr müsst hier weg.“ Er vermittelte eine Werft an der Stör in Wewelsfleth. Ganz Dithmarschen war zu diesem Zeitpunkt voller flüchtender deutscher Soldaten und die Engländer standen schon am anderen Elbufer. Tiefflieger schossen auf Alles, was sich auf den Straßen bewegte. Ein Nazi-Leutnant befahl, mit dem Schiff 50-60 Soldaten an das andere Ufer zu fahren, um dort gegen die Englander zu kämpfen. Notfalls solle er sie rudernd rüberbringen, denn das Schiff sei nur bedingt einsatzfähig, hatte Max von Kampen ihm gesagt. Aber die Engländer kamen immer näher und endlich kam der 9. Mai.
 

Rückkehr in das zivile Leben

„Auf der Fahrt elbaufwärts nach Hamburg haben wir dann das Marinekennzeichen am Kutter übermalt und wieder das HF 314 rangemalt. So kamen wir unbehelligt von den Engländern bei Eckmann an. Im September1945 mussten wir eingezogenen Fischer dann alle nach Hamburg hin, und da sind wir dann aus der Marine entlassen worden. Bis dahin haben wir gefischt. Wir waren die ersten die raus gegangen sind zum Fischen. Viele andere Schiffe meiner Freunde waren im Kanal verloren gegangen, z. B. die von Willi Wüpper und Hini Heinrich, nur Cordes hatte sein Schiff behalten.“
 

Finkenwerder Fischer

Wer aufmerksam die Politik der Nazis verfolgte, merkte sehr schnell wohin die Reise ging. Der Vier- Jahresplan von 1936 mit den Ausgaben für die Rüstungsgüter bestätigte eine Vermutung der kritischen Intelligenz: es gibt bald Krieg! Auch die Fischkutter und ihre Besatzungen waren in die Kriegsplanungen einbezogen. Max von Kampen erlebte als Eigner von HF 314 schon 1937 was die Regierung mit den Fischkuttern vorhatte: „dass die Nazis uns für Kriegszwecke gebrauchen wollten IHR KRIEGT 500 MARK DEN TAG UND DANN SOLLT IHR MINEN-ÜBUNGEN MACHEN: und da konnte man schon merken – wer ein kleines bisschen Grips hatte, dass sie die für Kriegszwecke gebrauchen wollten, weil das Reich so viel dazu gab.“

Nämlich beim Erwerb neuer, leistungsfähigerer Kutter. Der Schiffbau auch kleinerer Typen wurde inzwischen kontinuierlich verbessert. Ab 1938 gewannen Ingenieure durch weitere systematische Forschungsarbeiten die Idee zur Normierung des Schiffstyps als sogenannten Reichsfischkutter. Ab Winter 1941 wurde dieser erste Kutter dann als KFK 1 auf der Eckmann Werft in Finkenwerder gebaut. Das Oberkommando der Kriegsmarine verlangte die Bezeichnung Kriegsfischkutter. Unabhängig davon waren gleich bei Kriegsausbruch alle verfügbaren Fischkutter beschlagnahmt. So zog ein höchst ungleiches Sammelsurium von Kuttern in den Krieg. Für Max von Kampen und sein Schiff begann der Kriegseinsatz im März 1941in Kiel.
 

Max von Kampen

war Jahrgang 1902, als Bauemsohn in Dithmarschen groß geworden und hatte sich im Alter von 20 Jahren der Fischerei zugewandt. Er kam nach Finkenwerder und erwarb 1933 den Fischkutter „Düsseldorf“, HF 314. Er weigerte sich beharrlich in die Partei einzutreten mit dem Hinweis, er gehöre dem „Reichsnährstand“ an, das müsse genügen. Trotz mehrfacher Aufforderung blieb er standhaft. Aus diesem Grunde wurde er von der englischen Besatzungsbehörde in die örtliche Volksvertretung berufen.

Der Arbeitskreis konnte seine auf Kassetten festgehaltenen Kriegserlebnisse auswerten.
V.i.S.P.:KFF Geschichtswerkstatt,c/o H. Kaufner,Carsten-Fock-Weg 12, 21129 Hamburg