Gedenkveranstaltung anlässlich der Judenpogrome 1938

13. November 2011, 15:00 Uhr Kranzniederlegung am Mahnmal Ecke Rüschweg/Neßpriel mit der ISLE OF GOSPEL.
Ab 16:99 Uhr folgt im Gemeindehaus St. Nikolai, Fkw. Landscheideweg 157, anlässlich der 775-Jahrfeier Finkenwerders ein Heimat.
Abend mit Filmdokumentationen.

DIE POGROMNACHT 9/10 November 1938

Der 9. November war für die Nazis seit 1923 ein besonderer Tag. An diesem Tag, fünf Jahre nach der Abdankung von Kaiser Wilhelm II., versuchte Hitler mit dem „Marsch auf die Feldherrenhalle“ in. München die Reichsregierung zu stürzen. Der Putsch wurde niedergeschlagen. Als sich die
NS-Führung am 09.11.38 in München versammelte, um des „Marsch auf die Feldherrenhalle“ zu gedenken. Die Nachricht vom Tod des deutschen Botschaftssekretärs in Paris, der durch ein Attentat des polnischen Juden, Herschel Grynszpan zwei Tage vorher schwer verletzt wurde, war ein mehr als willkommener Anlass, um „spontane Vergeltungsaktionen“ zu inszenieren. Das Pogrom wurde zum Fanal für eine Mordorgie und Vernichtungsaktion, die bis heute beispiellos ist

Kurz nach der Machtübernahme der NSDAP mit Hitler am 30.01.33 trat am Tag des
Reichtagsbrandes am 28.02.1933 die „Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat“ in Kraft.
Die Grundrechte wurden aufgehoben: jeder Bürger, jede Bürgerin konnte ohne rechtliches Gehör aus polizei-politischen Gründen unbefristet in Schutzhaft genommen werden. Wer durch sein Verhalten, insbesondere durch staatsfeindliche Betätigung, die öffentliche Sicherheit angeblich gefährdete, landete ohne jeden Rechtschutz in den Lagern und Folterkellern der Nazis. Die Gestapo (Geheime Staatspolizei) entschied über die Schutzbefehle, legte die Dauer fest und beaufsichtigte die Vollstreckung. Diese „Notverordnung“ war eine erste wichtige Etappe zur Willkürherrschaft und NS-Terror.

Ein Leben in Angst
Die ersten Opfer waren die Mitglieder der kommunistischen und der sozialdemokratischen Partei. Auch parteilose Kritiker und Gegner der Faschisten gerieten in die Fänge der Gestapo. Wer jedoch das Parteiprogramm der NSDAP kannte oder Hitlers „Mein Kampf` gelesen hatte, der konnte ahnen, was kurz darauf Schlag auf Schlag folgte: Durch das „Ermächtigungsgesetz“ vom 23.03.33 verlor die gewählte Volksvertretung jede Bedeutung. Boykott der jüdischen Geschäfte 01.04.1933. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums mit einem Arierparagraphen 07.04.33 Das Gesetz ermöglichte quasi jede willkürliche Personalmaßnahme in Behörden, Verbänden und staatlichen Einrichtungen, um überall Parteigenossen zu installieren. Bücherverbrennung liberaler Autoren 10.05.33 Dazu kam die zunehmende Entrechtung der Juden. Sie mussten ab dem 17. August 1935 laut einer Vornamensverordnung die Zusätze „Israel“ oder „Sara“ tragen. Ab dem 15. September 1935 wurden die Nürnberger Gesetze zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre erlassen. Als am 9/10 November 1938 die Synagogen zerstört und die Juden von Nazi-Schergen gejagt wurden, zeigte sich deutlich, was kurze Zeit später unter dem Begriff „Endlösung der Judenfrage“ gemeint war: Die Vernichtung!

ZUKUNFT
Die Überlebenden, die die Gräueltaten des Nazis bewusst miterlebten, werden immer weniger. Sie bitten uns nachdrücklich, an diese Schreckenstaten weiterhin zu erinnern und zu mahnen. Sie fürchten, dass sich ein ähnliches Inferno wiederholen könnte und dass die vielen Opfer mit der Zeit in Vergessenheit geraten. Schließlich haben sie selbst erfahren müssen, wie ungenügend die Nachkriegsgesellschaft die Täter rechtlich zur Verantwortung zog. Die Anerkennung als NS-Opfer verlief unzureichend und zäh. Rehabilitiert wurden sie spät und erhielten, wenn überhaupt, schäbige Beträge als Entschädigungen. Für die von der NS-Militärjustiz verurteilten Deserteure der Wehrmacht geschah dies beispielsweise erst 2002. Bis dahin galten sie als „Vaterlandsverräter“ und als Vorbestrafte.
An die 12 Jahre der Nazi-Diktatur zu erinnern, ist auch ein Bekenntnis zu den Grundrechten in unserer Demokratie. Angesichts globaler ökonomischer Krisen sind Rechtsradikalismus,
Nationalismus und Neofaschismus wieder erstarkt. Terrorakte, wie jüngst in Oslo sind Menetekel. In Ungarn werden Grundrechte wie die Meinungsfreiheit massiv eingeschränkt. Einstmals liberale Länder wie Dänemark und die Niederlande haben starke rechte Parteien, die mit
Fremdenfeindlichkeit Wählerstimmen sammeln. Auch bei uns bekommen rechtsextreme Parteien Parlamentssitze. Für die Einhaltung der Grundrechte ist die Demokratie eine Vorraussetzung, keine Garantie. Wir Bürger müssen deshalb weiter wachsam bleiben und rechtzeitig warnen und mahnen.

Filmdokumentationen
700-Jahrfeier Finkenwerders 1936
2011 feiert der Ort 775 Jahre Finkenwerder. Das 1. Mal wurde so ein Fest 1936 durchgeführt. Die Nazis hatten zu diesem Zeitpunkt bereits alle Ämter, Verbände und Vereine mit Parteigenossen und Regimetreuen besetzt und Freie Gewerkschaften kurzerhand verboten. Ohne die Kontrolle sowie die Federführung bei der Durchführung derartiger Volksfeste war eine solche Veranstaltung zu diesem Zeitpunkt der NS-Diktatur undenkbar. Es lag außerdem im Interesse der NSDAP die Volksgemeinschaft durch derartige Inszenierungen zu stärken und einen einheitlichen Volkskörper zu formen. Der Film zeigt in Ausschnitten die Festaktivitäten. Z.B. eine Marine-Abordnung, die auf dem Alten Friedhof gefallene Soldaten des 1. Weltkriegs ehrten. u. a. den Finkenwerder Autor, Gorch Fock. Seine Schriften wurden von den Nazis für eigene Zwecke instrumentalisiert und in großen Auflagen neu herausgegeben.

Finkenwerder — Veränderungen um jeden Preis?
Die Dokumentation beschreibt ausschnittsweise die Geschichte Finkenwerders und zeigt den Druck und die Belastungen, denen hafennahe Stadtteile und ihre Bewohner in Umbruchsituationen durch überregionale Planungen ausgesetzt sind. Wie sie die Veränderungen in ihrem Stadtteil wahrnehmen, erzählen die Finkenwerder selbst. Das Hamburger Abenblatt kommentierte die Sendung damals wie folgt: „Dass von Gorch Focks Finkenwerder nicht mehr allzuviel übrig geblieben ist, kann kaum überraschen. Aber wie sehr der ehemaligen Elbinsel vom sogenannten Fortschritt zugesetzt wird, ist doch erschreckend… (Die Autoren) redeten in ihrem lobenswerten Bericht …gewiß keiner unrealistischen Idylle das Wort, wohl aber lebenswerte Bedingungen“.

FUNDSTÜCK
Wir finden immer wieder Hinweise auf die Behandlung von KZ-Häftlingen bei der DW:
„Das Verhalten der DW-Arbeiter gegenüber den Häftlingen ist eines deutschen Arbeiters unwürdig. Ich verlange schärfste Heranziehung zur Arbeit und jegliche Zuweisung von Lebensmittel und Rauchwaren sind zu unterbinden. Sollte dies nicht befolgt werden, werde ich nicht davor zurückschrecken, diejenigen der Gestapo zu übergeben“. Auszug von Zeugenaussagen an den Betriebsrat der DW vom 11.06.1945

Der Finkenwerder Arbeitskreis Außenlager Deutsche Werft des KZ Neuengamme ehrt die vielen Opfer der Nazi-Diktatur am 13.11.11 mit einer Kranzniederlegung am Mahnmal Ecke /Rüschweg/Neßpriel um 15.00 Uhr Ab 16.00 Uhr zeigt der Arbeitskreis anlässlich der 775-Jahrfeier Finkenwerders 2011 im Gemeindesaal der St. Nikolai-Kirche, Finkenwerder Landscheideweg 157, den Film aus dem Archiv der Landesmedienzentrale Hamburg über die 700-Jahrfeier 1936 mit anschließender Diskussion. Es folgt eine Filmdokumentation über Finkenwerder aus dem Jahr 1981. V.i.S.P.:Finkenwerder Arbeitskreis Außenlager Deutsche Werft des KZ-Neuengamme, c/o H. Kaufner, Carsten-Fock-Weg 12, 21129 Hamburp