Machtübernahme durch die Nazis vor 75 Jahren

Gedenkveranstaltung
04. Mai 2008, 15:00 Uhr Radtour: Nazilager vor Ort. 17:00 Uhr Kundenzentrum HH-Mitte, Fkw.: Zeitzeugenberichte aus Fkw. Lagerwelten
 

HAFT UND LAGER

Schutzhaft, politische Verwahrung einer Person:
1. zu ihrem eigenen Schutz, statthaft beim Vorliegen allgemeinpolizeilicher Gründe; Entlassung in der Regel im laufe des folgenden Tages.
2. zum Schutze der Allgemeinheit. Rechtsgrundlage: die Notverordnung zum Schutze von Volk und Staat v. 28.02.1933 Sie richtet sich aus politisch-polizeilichen Gründen gegen den, der durch sein Verhalten, insbes. durch staatsfeindliche Betätigung, die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet.

Konzentrationslager, Unterkunftslager, in denen die Schutzhaft vollstreckt wird. Die Schutzhaft dient der Erhaltung der Volksgemeinschaft; sie ist eine Abwehrmaßnahme gegen staatsfeindliche Betätigung oder ein sonstiges die Volksgemeinschaft unmittelbar gefährdendes Verhalten, insbes. die Störung des nationalsozialistischen Aufbauwerks. Zuständig für die Verhängung der Schutzhaft sind ausschließlich die staatlichen Polizeistellen.Vollstreckung in staatl. Gefängnissen und in Konzentrationslagern stehen unter Aufsicht der Geheimen Staatspolizei.

Unsere Zitate verdanken wir einem Brockhaus von 1941. Hier wird die Nazi-Ideologie unverhohlen propagiert. Die Lager der Nazis hatten ein Doppelgesicht. Die arische Jugend wurde durch das Lagerleben zum Volksgenossen, zum wehrhaften Nazi, zur gebärfreudigen Frau erzogen; für Feinde des Regimes waren die Lager Terror und Mord-Instrumente.
 

ALFRED CORNUT, ein Beispiel

Der belgische Widerstandskämpfer kam am 02. September 1944 ins KZ-Neuengamme, wo ihn bereits die SS mit Hundestaffeln empfing: „mit Gewehr-, Faustschlägen und Stiefeltritten
wurden wir ins KZ geführt, wo ich die Nr. 44816 erhielt. Es übersteigt die Vorstellungskraft, was ein Mensch in so einem Lager alles ertragen musste. Täglich gab es eine große Portion Leid und Schmerzen, unterbrochen durch eine einzige Schüssel undefinierbarer Suppe, in der manchmal ein Stück Kohl oder weiße Rübe die Oberfläche zierte. Nach ca. 14 Tagen wurde ich mit vielen anderen Gefangenen zu einem U-Boot-Werk in Hamburg-Finkenwerder verlagert.

Unsere Aufgabe bestand darin, Trümmer zu beseitigen und Blindgänger zu finden. Viele meiner Kameraden haben diese Arbeit nicht überlebt. Am 31.12.1944 gab es erneut Bombenalarm. Es war uns nicht erlaubt Schutzbunker aufzusuchen. Wir sind gleich von 3 Bomben voll erwischt worden. Ich wurde wie ein Strohhalm in die Luft gewirbelt. Ich war insgesamt 17 Stunden lebendig begraben, mit gebrochenen Knien und taub geworden durch die Explosion. Zwei Monate verbrachte ich unter unmenschlichen Bedingungen im Lazarett. Mitte April wurde ein Zug mit ca. 1500 Leuten zusammengestellt. Nach 2 Tagen flüchtete die SS-Bewachung. Wegen des Vormarsches der Alliierten erreichten wir nicht die Gaskammern von Bergen-Belsen, sondern wurden in Sandborstel befreit.“

Alfred Cornut hat am 30.04.08 mit einer belgischen Delegation am Finkenwerder Mahnmal seine getöteten Kameraden geehrt.

Bereits kurz nach der Machübernahme durch die Nazis wurden die wichtigsten Grundrechte in der Weimarer Verfassung aufgehoben. Gegner und Feinde des Regimes wurden verhaftet. Was deutsche Juden erwartete, zeigte der 1. April 1933, als jüdische Geschäfte boykottiert wurden. Der 1. Mai wurde zwar zum Feiertag erklärt, aber am 2. Mai wurden die Gewerkschaften aufgelöst, das Vermögen konfiziert. Die nicht kooperationsbereiten Funktionäre wurden verhaftet. Ley gründete die Deutsche Arbeitsfront als Untergliederung der NSDAP. Wie rigoros und brutal die Partei aus rassistischen und politischen Gründen mit den Landsleuten umspringen würden, signalisierten die Bücherverbrennungen im Mai 1933 und das ,,Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der Ehre“ von 1935.

Bis hinein in die Familie und Erziehung der Kinder dienten öffentliche und private Angelegenheiten dem Fortbestand und Wachsrum des Deutschen Volkes. Dabei bekamen Gemeinschaftserziehungen in der Schule, der H] und weiteren NS-Organisationen den höchsten Stellenwert. Ein erbgesunder und nationalsozialistischer Volkskörper war das Ziel.

Der Film ,,Die Welle“ zeigt eindrücklich wie in einem Schulexperiment aus normalen Menschen ein gleichgeschalteter Kader mit dem Willen zum bedingungslosen Gehorsam entstehen kann. Ruhe und Ordnung, stramme Haltung und schneidiges Grüssen stehen am Anfang. Am Ende frisst die Institution ihre Kinder: die aggressive Spannung führt zu Eifersüchteleien, Kampf um Rangordnungen und Gewalt. Die Beschämung darüber führt zu Sprachlosigkeit und Verdrängung. Wie im Deutschland nach der Nazizeit verdichtet in der Standardformel:
„Wir haben von nichts gewusst.“
 

FAMILIE und ERZIEHUNG bei den NAZIS

Das Ehegesetz der Nazis war kein Vertrag zwischen freien Menschen, wie vorher, sondern die Grundlage des völkischen Lebens und eine Rechtseinrichtung im Interesse des Fortbestandes des Volkes. Eheverbote ergaben sich aus den Erbgesundheit- und Blutschutzgesetzen. Angehörige der Wehrmacht, der SS und des Reichsarbeitsdienstes benötigten eine Heiratserlaubnis. Der Standesbeamte konnte ein Ehetauglichkeitszeugnis verlangen. Als Scheidungsgrund wurden aufgeführt: Beharrliche Verweigerung der Fortpflanzung. Auch (vorzeitige) Unfruchtbarkeit war ein Grund.
 

Schule und Erziehung im Nazi-Reich

Die deutsche Schule ist ein Teil der national-sozialistischen Erziehungsordnung…. (sie) steht irn Dienst der politischen Bildung und Erziehung unseres Volkstums. Der liberale Schulbegriff ist überwunden …. Schulträger der öffentl. Schulen sind Staat, Gemeinde, im Deutschen Reich neuerdings auch die NSDAP. (HJ und DAF bei den Adolf-Hitler-Schulen) Die Aufbauschulen führen in 6-jährigen Lehrgang zur Hochschulreife, z. B. die Adolf-Hitler-Schulen und die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten.
 

Schulfeier

Festliche Veranstaltung der Schule aus Anlass wichtiger Ereignisse im Schulleben (z.B.: Schulentlassung) und im völkischen Leben (z..B.: nationale Feiertage, Gedenktage). Sie bildet einen wesentlichen Bestandteil der Erziehung innerhalb der Gemeinschaft, indem sie die Schüler im gemeinsamen Erlebnis innerlich zusammenführt.
 

Schulfunk

Der Einsalz des Rundfunks als Bildungs- und Erziehungsmittel der Schule. In Zusammenarbeit der Reichssendeleitung mit der Reichsverwaltung der NS-Lehrerbundes wird die monatliche Sendefolge aufgestellt.
 

Erziehung

Die nationalsozialistische E. stellt alle unter das e i n e Leitbild des kämpferischen, nur dem Fortbestand und Wachstum seines Volkes verpflichteten Menschen, der charakterlich, körperlich und geistig gleichermaßen ertüchtigt werden soll.. Nur Menschen gleicher Art und Haltung können die Erziehung erfahren, die vornehmlich Gemeinschaftserziehung in Mannschaften und Gefolgschaften ist. Träger sind zunächst die nationalsozialistischen Gliederungen und Kampfverbände sowie die Wehrmacht. Für die Jugenderziehung haben besondere Aufgaben die Hitler-Jugend und die Schule.
 

Reichsarbeitsdienst

Organisation des Reiches zur Durchfiihrung der allgemeinen Arbeitsdienstpflicht, die… für die gesamte männliche und weibliche Jugend von vollendetem 18. bis25. Lebensjahr eingeführt wurde. Für den RAD der weiblichen Jugend wurde die Zahl der Arbeitsmaiden durch Erlaß des Führers 1941 auf 130.000 erhöht; gleichzeitig wurde bestimmt. dass die Arbeitsmaiden im Anschluß an die halbjährige Reichsarbeitsdienstpflicht weitere 6 Monate Kriegshilfsdienst in Bürobetrieben der Wehrmacht zu leisten haben. V.i.S.d.P‘: Finkenwemer Arbeitskrels AuBenlager Deutsche Wedt des KZ—Neuengamme, do H. Kaufner, CarsIen-Fock-Weg 12,21129 Hamburg